Was ist besonders an diesem Projekt?
Harter Winterdienst-einsatz auf Nationalstrassen mit einem CO2-neutralen Fahrzeug bei einem Einsatz rund um die Uhr während mehrerer Tage in Folge.
Im vorliegenden Anwendungsfall muss während mindestens 72h der Winterdienst mit diesem Fahrzeug aufrechterhalten werden. Dabei kommt ein Schneeräumschild vorne und gleichzeitig ein weiteres auf der Seite zum Einsatz. Ziel ist eine Schwarzräumung zu erreichen. Gleichzeitig muss ein Salzstreuer für die Ausbringung von Trocken- und Feuchtsatz (FS30) betrieben werden können. Das Fahrzeug muss ausserhalb des Winterdienstes für andere Zwecke eingesetzt werden können. Dafür müssen über ein Hakengerät andere Aufbauten geladen werden können. Dieses CO2-neutrale Fahrzeug muss ein vollwertiger Ersatz der bisherigen dieselbetriebenen Fahrzeuge darstellen. Keine Einbussen bezüglich Einsatzmöglichkeit, Geschwindigkeit, Leistung, Drehmoment und Traktion dürfen anfallen.
Warum wird die Autobahn nicht weiterhin mit dieselbetriebenen LKW’s geräumt?
Die Energiestrategie 2050 des Bundes und die Vorgabe des Bundesamtes für Strassen ASTRA erfordern die Umstellung auf eine CO2-neutrale Flotte.
Die ASTRA-Weisung 76006 zu Umsetzung der Energiestrategie 2050 im betrieblichen Unterhalt verlangt folgendes:
Die Nationalstrassengebiete, die für den Unterhalt zuständig sind, dürfen ab 2030 nur noch schwere Motorwagen mit CO2-neutralen Antrieben für den Betrieblichen Unterhalt beschaffen.
Ab 2040 sind nur noch schwere Motorwagen mit erneuerbaren Treibstoffen für den Betrieblichen Unterhalt im Einsatz.
Warum wurde für den LKW ein batterie-elektrisches Antriebskonzept gewählt?
Der Trend im LKW-Markt geht klar in die Richtung batterie-elektrischer Antriebe.
Die CO2-neutralen Antriebstechnologien wurden eingehend verglichen. Dies hat die Fachhochschule OST im Auftrag des GEVI erarbeitet: „Strategie zur Dekarbonisierung der Nutzfahrzeugflotte im Unterhalt der Nationalstrassen“. Daraus geht hervor, dass das batterie-elektrische Antriebskonzept zum aktuellen Zeitpunkt am vorteilhaftesten ist. Dies widerspiegelt sich ebenfalls auf dem LKW-Markt.
Wie lange wird damit gefahren und wie lange dauert der Ladevorgang?
Für eine Winterdienstrunde wird 2h Fahrzeit gerechnet. Danach folgt ein Ladevorgang von 20min.
Das GEVI sammelt im Winter 2024/25 erste Erfahrungen mit dem Fahrzeug. Um aussagekräftige Erkenntnisse zu gewinnen, wird das Fahrzeug auf dem höchstgelegenen Autobahnabschnitt eingesetzt, wo auch die grösste Steigung anzutreffen ist.
Die Winterdienst-Route für diesen Abschnitt hat eine Länge von 70km. Bei einer Räumgeschwindigkeit von 35km/h ergibt sich eine Fahrzeit von 2h. Für die Ladezeit haben wir ca 20min vorgesehen.
Welche Ladeinfrastruktur wird benötigt?
Der vorliegende Anwendungsfall erfordert eine Megawatt-Charging -Ladestation kombiniert mit einem stationären Batteriespeicher.
Damit in 20min die verbrauchten 300kWh geladen werden können, ist eine Ladeleistung von 900kW nötig. Das verbreitete Ladesystem CCS kann nur bis 370kW laden. Aus diesem Grund kommt hier das Megawatt-Charging-System (MCS) zur Anwendung.
Um den Netzanschluss des Werkhofes nicht zu überlasten wird diese Energie in einem stationären Batteriespeicher vorgehalten.
Wie gross ist der Leistungsbedarf für den Standort?
Pro Winterdienst-Fahrzeug rechnen wir mit einem zusätzlichen Leistungsbedarf von 133 kW, welche vom Netzbetreiber zur Verfügung gestellt werden müssen.
Aus den Parametern Dieselverbrauch, Streckenlänge, Räumgeschwindigkeit und Ladezeit lässt es sich errechnen, wieviel elektrische Leistung benötigt wird. Durch den stationären Batteriespeicher kann der Leistungsbezug optimal geglättet werden. Diese Batterie wird über einen längeren Zeitraum geladen und gibt die Ladung innerhalb von 20min an das Fahrzeug ab. Durch diesen Zwischenschritt entsteht keine Überlastung des Stromnetzes. Wir gehen von 133kW Dauerbezug aus. Dafür wurde ein 200kW Anschluss vorgesehen.
Kann mit Solarenergie der Energiebedarf gedeckt werden?
In der Jahres-Bilanz ja – jedoch steht zum Zeitpunkt des Winterdienstes i.d.R. nicht ausreichend Solarenergie zur Verfügung.
Sobald am vorgesehenen Standort die Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) gebaut ist, wäre der Energiebedarf im Jahresdurchschnitt leicht zu decken.
Der grösste Energiebedarf fällt jedoch auf die Wintermonate bei gleichzeitigem Schneefall. In dieser Situation liefert die PV-Anlage mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend Energie um den Verbrauch der batterie-elektrisch betriebenen LKW’s zu decken.
Wird das neue Fahrzeug grösser und schwerer als das bisherige dieselbetriebene Fahrzeug?
Das ist so. Das Fahrzeug wiegt rund 5.5 t mehr, weist eine zusätzliche Achse auf und ist 1.7m länger.
Die bisherigen, dieselbetriebenen, 3-achsigen LKW’s wurden mit einer verstärkten Vorderachse ausgerüstet, um das Gewicht des angehobenen Schneepfluges tragen zu können. Aufgrund des Batteriegewichtes im vorderen Teil des Fahrzeuges kommen wir nicht umhin, das neue Fahrzeug vorne mit einer weiteren Achse auszustatten. Dadurch ist das Fahrzeug 1.7m länger. Dieser Umstand und das Gewicht der 750kWh grossen Batterie erhöht das Fahrzeuggewicht um ca. 5.5 t (von 13.15t auf 18.65t). Dabei ist zu berücksichtigen, dass das zulässige Gesamtgewicht um 8t ansteigt (von 26t auf 34t).
Was passiert mit den Batterien des LKW’s am Ende der Fahrzeug-Lebensdauer?
Prio 1: Aufarbeitung beim Fahrzeug-Hersteller für 2nd-Life-Einsätze wie beispielsweise im stationären Batteriespeicher.
Prio 2: Rückgewinnung der Rohstoffe beim Batterie- bzw. Zellen-Hersteller.
Der harte Einsatz und die Korrosion beanspruchen die Fahrzeuge stark. Obwohl keine besonders hohen Laufleistungen zu erwarten sich, ist i.d.R. nach 15 Jahren ein Fahrzeugersatz angezeigt. Zu diesem Zeitpunkt haben nach unseren Erwartungen die Lithium-Ionen-Batterien ihr Lebensende noch nicht erreicht. Eine 2nd-Life-Verwendung ist anzustreben. Da die Kapazität nach 15 Jahren Betrieb etwas eingebüsst hat, bietet sich die Anwendung in stationären Batteriespeicheranlagen an.
Gelangt die Batterie an ihr Lebensende, ist Rückgewinnung der Rohstoffe vorzusehen. Aufgrund der Rohstoffpreise ist dies bereits heute interessant. Das Recycling erfolgt durch den Batterie- bzw. Zellen-Hersteller.
Gibt es schon Betriebserfahrungen?
Das Fahrzeug geht im Winter 2024/2025 in den Einsatz. Megawatt-Charging ist ab Sommer 2025 möglich.
Im Winter 2024/2025 wird die Leistungsfähigkeit des Fahrzeuges geprüft. Vorausgesetzt, dass ausreichend Schnee fällt, kommt dieses Fahrzeug in erster Priorität zum Einsatz. Wichtige Testkriterien sind Energieverbrauch, Leistung, Drehmoment, Geschwindigkeit, Traktion, Handling usw.
Die MCS-Ladung (900kW Ladeleistung) kann ab Sommer 2025 getestet werden. Dazu müssen am Fahrzeug wie auf Seite der Ladeinfrastruktur noch Anpassungen vorgenommen werden.